Das Grauganspaar ist aufmerksam bis misstrauisch, als ich mich ihnen und ihrem Nachwuchs mit der Kamera nähere, aber sie ergreifen nicht die Flucht. Ich bewege mich langsam, setze mich erstmal weiter entfernt ins Gras, dass sie sich an mich gewöhnen können, warte ein paar Minuten, wechsle dann vorsichtig zu einem der wenigen gänsekackefreien Plätze einen Meter näher dran und warte wieder. Ich weiß nicht, ob sie das Spiel durchschauen, ich weiß nicht, ob es die beste Herangehensweise ist und ich fürchte, es wäre vermessen anzunehmen, dass sie über meine Anwesenheit besonders glücklich sind. Aber sie bleiben. Dass sie schließlich was essen müssen, mag ein Grund dafür sein. Das nächste Rasenstück ist nicht gleich um die Ecke und wer weiß, welche Gefahren dort lauern. Wenn ich sie durch zu aufdringliches Verhalten verscheuchen sollte, müsste ich mich wohl schämen. Doch sicher sind sie Einiges gewöhnt. Ich befinde mich am Stadtrand von Berlin, in einem bei Spaziergängern, Familien, Radfahrern, Joggern, Nordic Walkern und Hundehaltern beliebten Gebiet. Zwar bin ich etwas früher aufgestanden als die meisten von ihnen, doch die Hinfahrt mit dem Fahrrad dauerte auch seine Zeit und zur Stelle mit den Wildgänsen bin ich erst gegen Ende der Fototour gekommen — inzwischen sind an diesem Sonntagmorgen schon einige Menschen unterwegs, die Abstände zwischen den Störungen werden kürzer. Es gibt offenbar Schlimmeres als mich. Das Gehechel eines 50 Meter entfernten Hundes auf dem Weg, hinter Büschen löst sofortige Flucht ins Wasser aus. Völlig zurecht, denn bei weitem nicht alle sind angeleint und mehr als einer stürmt seinen Besitzern voraus in die kleine Bucht im Naturschutzgebiet. Zu diesem Zeitpunkt möchte man als Gänseeltern sein superniedliches graugelb-flauschiges Hundefutter weit außer Reichweite wissen.
Tierfotografie
Roter Waldameisen-Alarm
Wenn Rote Waldameisen eine Beute abschleppen, kann man schon einmal etwas genauer hinschauen. Man muss natürlich nicht (mancher ekelt sich ja vor diesem und jenem). Aber ich habe es einfach mal getan (und Fotos gemacht).




Was ist nötig für solche Fotos?
Ein Makroobjektiv nicht. Ich habe meins gerade verliehen und die Fotos mit einer alten 50mm-Festbrennweite (manueller Fokus und Blendenring) gemacht, die ich mit einem Retroadapter verkehrt herum an der Kamera befestigt habe. Ich war selbst erstaunt, aber es funktioniert ziemlich gut.
Als hilfreich erwies sich der Liveview auf dem Kameramonitor; durch den Sucher blickend, das Kinn halb in der Erde vergraben wäre es schwierig geworden. Unentbehrlich war Blitzlicht. Aber da einen Zentimeter Boden direkt vor der Kamera auszuleuchten, nicht viel Leistung benötigt, reichte der eingebaute Aufklappblitz. Als Diffusor habe ich ein Blatt weißes Papier (DIN/A4) und zwei Streifen Tesafilm verwendet. Ehrlich. So verrückte Sachen mache ich.
Neben dieser Ausrüstung wird benötigt:
a) Die Bereitschaft, sich in eine belebte Ameisenstraße zu knien und, falls es hier oder dort kribbeln oder krabbeln sollte, einfach weiterzumachen.
b) Ein bisschen Geduld.
Naturfotos im Früh-Frühling
Am 8. März, dem gefühlt ersten Frühlingstag begab ich mich in meine Lieblingsnatur, den Spandauer Forst. Ich wollte sehen, ob an Reptilien und Insekten schon irgendetwas lebendig war, ging aber eher davon aus, dass dem nicht so sein würde. Darum nahm ich auch nicht mein geliebtes 90-mm-Makro-Objektiv zum Fotografieren mit, sondern mein nicht ganz so geliebtes 70-210-mm-30-Euro-Ebay-Tele-Schiebe-Zoom. Ich spekulierte eher auf größere Tiere mit höheren Fluchtdistanzen und Vögel. Und wenn das nichts werden sollte — nicht weitersagen, aber eigentlich ist so ein Teleobjektiv die Geheimwaffe für Landschaftsaufnahmen.




















Im letzten Jahr hatte ich zum ersten Mal Kraniche im Spandauer Forst entdeckt. Und was soll ich sagen: Dieses Mal begegneten sie mir gleich in Massen. Und ich hatte sogar noch mehr Glück. Das merkbefreite Damwild äste wieder an der Stelle direkt vor diesem Hochsitz. Müssen die Jäger im Spandauer Forst eigentlich überhaupt noch was tun oder schießen sich die Viecher inzwischen schon selber? Liebes Damwild, man sagt, ihr sollt sehr gut riechen, hören und okay sehen können. Gut, riechen bringt nichts, wenn der Wind schlecht steht, da könnt ihr nichts für. Gehört habt ihr mich ja (erwähnte ich schon, dass mein 70-210-mm-30-Euro-Ebay-Objektiv aus einer Zeit stammt, in der ein Autofokus der neuste Schrei war, weshalb die Hersteller ihn extra laut gemacht haben, damit man ihn auch 200 Meter weiter noch hören kann). Und dann habt ihr immer so geguckt, wenn ihr mich gehört habt. Aber überlegt doch mal: Wenn ihr euch mitten in die Sonne stellt und ich stehe mit meiner dunklen Jacke im Schatten zwischen den Baumstämmen und bewege mich gerade schlauerweise mal nicht. Dann wird es halt schwierig mit dem Sehen.
Nein, im Ernst, mir soll es recht sein. In die Nähe von so mittelscheuen Tieren zu kommen, ist ein tolles Erlebnis. Auch wenn es dann doch nur zu mittelmäßigen Fotos reicht bei meiner Ausrüstung (210 mm sind eigentlich zu wenig Tele auch am APS-C-Sensor und ein Kontrast- und Schärfewunder ist dieses Objektiv nicht) und — ich gebe es ja zu — geringen Erfahrung mit dieser Art von Tierfotografie. Solche Tierbeobachtungen machen Lust, weiter zu üben.
Gar nicht scheu waren die beiden Pferde am Weidezaun. Die haben sich richtig gefreut, mich zu sehen. Wie sehr sogar, habe ich dann erst bemerkt, als ich noch einmal diesen anderen Blickwinkel probieren wollte.
Und ja, eine erste Eidechse war auch schon aus der Winterstarre zurück.
Fotoausstellung „Stadt, See, Fluss — fotografische Blicke auf Tiere und Landschaft“
Eine Auswahl meiner Tierfotografien und Landschaftsfotografien von Kerstin Wüstenhöfer und Michael Janda können noch bis zum 30. Januar 2015 in der Landesgeschäftsstelle des Paritätischen Wohlfahrtsverbands besichtigt werden.
Berlin-Brandenburg, die Wahlheimat von Kerstin Wüstenhöfer-Loges, ist geprägt von Seenlandschaften. Die Fotografin zeigt den eigentümlichen Charakter einer dieser Landschaften zu verschiedenen Jahreszeiten in stimmungsvollen Fotografien.
Flüsse trennen, Flüsse vereinen, Flüsse bringen einen fort. Michael Janda fuhr im Frühjahr 2013 an die Elbe und entwickelte seine eigene, sehr persönliche Sichtweise auf Fluss und Landschaft.
Martin Thoma stellt in seinen Berliner Tierfotografien aus dem Zoologischen Garten und dem Spandauer Forst Porträts von Tieren in Freiheit und Gefangenschaft einander gegenüber.
Die Räume, in denen die Fotografien hängen, werden für Seminare genutzt. Wenn Sie die Ausstellung besuchen möchten, fragen Sie deshalb bitte vorher beim Empfang nach, ob sie frei sind. Die Telefonnummer ist: 030-86001-0.
Adresse: Der Paritätische Wohlfahrtsverband, Landesverband Berlin e.V., Landesgeschäftsstelle, Brandenburgische Straße 80, 10713 Berlin.